Ein Name im Wandel

Von Menschen, die im 7. Jahrhundert gelebt haben, haben wir normalerweise keine Spuren mehr. Es sei denn, ihr Leben hat Menschen so berührt, dass es ihnen wichtig war, diese Erinnerung lebendig zu halten: durch Weitererzählen, in Aufzeichnungen, in Reliquien... Weitergegeben haben sie auch seinen Namen, der auf seinem Weg durch Europa recht erstaunliche Wandlungen durchgemacht hat. Und hier beginnen unsere Probleme. Wie heißt er nun wirklich unser Patron? Aus einer Wurzel haben sich die verschiedenen Formen entwickelt:

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Am Brenner heißt er Jodok, in Kärnten Jobst.

Judocus

Jost Trier, Germanist und Begründer der Wortfeld-Theorie, stellt in seiner Doktorarbeit über Jodok (1923) kurz und bündig fest: Die sprachgeschichtlich älteste Form des Namens ist "Judocus". Diese Form verwenden: Abt Lupus von Ferrières (841), Karl der Kahle (843), der Anonymus, Florentius und Isembard. Alkuin verwendet (794) in seinen Briefen Jodokus, was damals als vulgäre Form gilt und erst im 14. Jh. üblich wird. Jost Trier schlüsselt die Namen der Familie auf: Im Judocus steckt der gleiche "Kern" wie im Namen seines Vaters Judhael und seines Bruders Judicael. Die Basis aller drei Namen ist das keltische "jud", was mit "Kämpfen" oder "Kampf" übersetzt werden kann.

Joce, Josse

Daraus entwickelt sich eine französische Form: Joces, Josses, mit vielerlei Abwandlungen bei den männlichen Vornamen, später noch Joce und Josse. Nach Jost Trier hat die Form Jocel mit den Ableitungen Joscelinus, Josselin usw. zunächst nichts mit Jodocus zu tun, weil diese Namen schon vor der Jodoksverehrung verbreitet waren und germanischer Herkunft sind. Wo aber Judocus bekannt war, galt er dennoch bald als Namenspatron auch für Jocelin, Joscelinus und ähnliche Ableitungen.

Jo(o)s, Joss

Als der Name Ende 13. Jh. in Deutschland einwandert, wird aus dem französischen Josse ein Jos, Joos, Joß, Joss, Jooß, in Vornamen auch Jösli und Jöselin; in der Schweiz Jôs, Jôsi, Jôschi, wobei es im kirchlichen Bereich bei "Sanet Jost" (Malters) bleibt.

Jost, Jôst, Jobst

Die häufigste deutsche Form für unseren Patron ist Jost. Das lange "o" wird zuweilen ausgeschrieben in Joost, Joest, Yoest, auch Just mit entsprechenden Ableitungen. Es bleibt uns noch die Form Jobs und Jobst, das uns im fränkischen Bereich begegnet. Eine Verwechslung mit dem Dulder Job wäre hier leicht möglich, aber nur in einer Kapelle bei Aachen ist wirklich der alttestamentliche Dulder gemeint. Der missverständliche "Jobsdag" ist der 13. Dezember.

Huec und Uzec

In der Bretagne, wo wir nach der ältesten Vita die Heimat Jodoks zu sehen haben, finden wir nicht nur Judoce, sondern bretonische Formen wie Huec und Uzec.

Nachdem sein Name geklärt ist, schauen wir auf das, was wir von ihm haben oder wissen:

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